Nachdenkliches
Von der Normalität
„Ich werf nun fort mein altes Kleid -
die Mode ändert sich -
ein neues gibt’s zur Frühlingszeit!“
So sprach im Herbst die junge Eiche.
Jedoch sie kriegte stets das gleiche.
„Nun wird verpennt die Gegenwart -
im Mai sehn wir, was kommt.
Vielleicht `ne neue Weidenart!“
So sprach der Biber an der Elbe.
Doch jedes Jahr wuchs dort dieselbe.
„Ich fliege in ein warmes Land
und komm im Frühjahr heim,
hoff dann auf reichen Froschbestand!“
So sprach der Storch und er entschwand .
Doch Wiesen wurden Ackerland!
„Mein alter Kobel reicht kaum aus -
Entwicklung gibt’s am Bau!
Demnächst plan ich ein Passiv-Haus!“
Doch Eichhörnchen sind durchweg bieder
und bauen stets dasselbe wieder.
„Wir graben uns ins Erdenreich -
es ist ja nicht für immer -
im Frühjahr legen wir den Laich!“
sprach eine Krötenkolonie.
Da fuhr ein Auto über sie.
M. Wurch
Afrikanische Pfade
Warst du schon mal in Afrika?
Dort laufen Zootiere frei herum
und Journalisten mit Kamera
dokumentieren das Aids-Siechtum.
Und Kindersoldaten – tränenlos
im Pulverdampf der Heckenschüsse -
sie schultern die schweren Kalaschnikows.
Man hat dort keine Negerküsse.
Wer kennt die asketischen Tuareg,
das freie Wüstenritterchor
mit Poesie – lang unentdeckt?
Bei uns serviert der Sarotti-Mohr.
Sahst du die Krieger der Massai? -
Relikte aus längst vergangener Zeit
in roten Gewändern, groß, stolz und frei;
heut` käuflich – fürs Foto-Shooting bereit.
Wir sehen das Flüchtlingselend ,,Darfur“
- die hungernden Kinder von Fliegen besetzt -
in Bildern der Presseagentur.
Massiv sind Menschenrechte verletzt.
Es wollen nicht ruhen die ethnischen Kriege
auf Afrikas Erde, der Menschheit Wiege!
Im Wüstensand häuft sich das Totengebein.
Es sind mehr als zehn kleine Negerlein.
Es wuchs eine Palme am Regenwaldsaum
und ernährte die Kinder im Kral.
Sie wurde verraten -zigtausend mal
und schließlich Plantagenbaum.
Gesprengt und gerodet ist auch die Kultur.
Paradiese sind Utopien.
Der Bantu ist nur die Nebenfigur!
Wir braten mit weißem Palmin.
M. Wurch
Eine Nacht in der Klinik
Asklepios schläft nicht,
der Tropf auf Stand-by.
Man hustet sich frei.
Maria macht Licht.
Und zwischen uns Jesus
grollt hustengequält;
im Albtraum erzählt
vom Kreuz und Verdruss.
Der Landsknecht zur Rechten
im Schnarchton laut spricht.
Ein Chor der Geschwächten!
Maria macht Licht.
Nur manchmal da bricht
ein Furz keck hervor,
bereichert den Chor
ganz ohne Absicht.
Jesus nun droht
mit Schlauch im Gesicht:
„So'n Scheiß! Alle tot!“
Die Blase hält dicht.
Der Tag sich formiert -
vom Ambulanz-Bus
ein Blaulicht rotiert.
Maria macht Schluss.
Im Laufstegschritt
und auftrittserfahren
bringt Schwester Karen
das Frühstück mit.....
M. Wurch
2020
Wir waren uns dies' Jahr fast fremd geworden.
Auf Wochenmärkten kannten wir uns nicht.
Musik kam uns mit Digital-Akkorden,
im Kirchenschiff erlosch das Opferlicht.
Wir fuhren in den falschen Zügen
in Gegenrichtung „Unbekannt“!
Dem Schaffner mussten wir uns fügen.
Wir reisten durch ein fremdes Land.
Konsum-Giganten – wir – auf frischer Tat!
Man reiht sich ein in eine Geisterbahn.
Ich kaufe Kerzen nur mit Timer-Start.
„Das Licht geht von alleine an“!
Manfred Wurch 2021
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Theater
Im Foyer
prüfender
Spiegelblick
ein Einzelstück
im Dekolletee
Platzhirsche
sich reihen
der Nebel fällt
ein Lichteffekt
der Szenenwelt
Ovationen
Reaktionen:
Das Publikum
im Schauspiel
Boulevardium
Mantelhüllen
den Ausgang füllen
Erkenntnisgeist
blitzt uns gezielt
Haben wir da mitgespielt?
M.W. 2014
Ukraine-Krieg 2022
der wind hat gedreht,
wir müssen lenken
ein traum verweht
im fahnenschwenken?
fahrzeuge schmerzbeladen
die stille ziehet ein.
wir kannten die paraden
in rotem fackelschein.
ruinenwände
als gräbermal
und betende hände
in seelenqual
wer interpretiert
heut' welches recht?
moral verliert
im kriegsgefecht
M. Wurch
Hoffnung
Mein Kopf war mir so sorgenschwer
von Klima, Krieg und Pandemie,
mir schien die ganze Welt prekär.
War das die Abschiedsmelodie?
Da klopft es leis' an meine Tür.
Ich öffne, glaub' den Augen kaum:
Ein Engel steht dort, spricht zu mir
so wie in einem schönen Traum.
"Ach sorg' dich nicht um diese Welt,
wir sehen, was bei euch passiert.
Wir wissen, wie man sie erhält!
Ab heute wird schon repariert!"
M.Wurch